Auch die letzte Chance zur Rettung des GAV wurde nicht genutzt. Bildmontage: VSSM
Das Hickhack um einen neuen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) hat ein böses Ende genommen. Nachdem die Gewerkschaften nun auch die Übergangslösung verhindert haben, steht die Schreinerbranche ohne GAV da.
Die Delegierten des Verbands Schweizerischer Schreinermeister und Möbelfabrikanten VSSM hatten Mitte November mit einem überwiegendem Mehr dem neuen Gesamtarbeitsvertrag für das Schreinergewerbe zugestimmt. Der ebenfalls zur Abstimmung vorgelegte Vorschlag für ein Vorruhestandsmodell (VRM) wurde deutlich abgelehnt (zum Artikel).
Kein GAV ohne Vorruhestandsmodell
Die Arbeitgeberseite hatte also mit einem eindeutigen Zeichen vorgelegt: Die Gewerkschaften Unia und Syna waren an ihren Berufskonferenzen gefordert, die bereits im Sommer getroffene Zustimmung zum ausgehandelten GAV von ihren Gremien zu bestätigen. Wie jetzt bekannt wurde, haben die Gewerkschaftsvertreter nun dem neuen GAV eine Abfuhr erteilt. Dies mit der Begründung, dass der neue Gesamtarbeitsvertrag für sie nur im Paket mit dem vorgeschlagenen Vorruhestandsmodell annehmbar gewesen wäre. Ein Umstand, auf den der VSSM im Vorfeld der Entscheidungen stets hingewiesen hatte.
Gewerkschaften sorgen für vertragslosen Zustand
Eine letzte Chance gab es noch, den vertragslosen Zustand per 1. Januar 2021 zu verhindern. Vorsorglich hatten die drei Vertragspartner beim SECO nämlich einen Übergangs-GAV für das Jahr 2021 beantragt. Eine solche Übergangslösung hätte einen wertvollen Zeitgewinn zur Ausarbeitung von Lösungswegen ermöglicht (zum Bericht). Die Gewerkschaften haben nun auch diese Möglichkeit zerschlagen und verantworten daher den vertragslosen Zustand. Dieser gilt für das ganze Verbandsgebiet des VSSM (Deutschschweiz und Tessin), ausgenommen sind die Sektionen Deutsch-Freiburg und Oberwallis.
Nur Verlierer
Mit diesen Entscheidungen der Gewerkschaften stehen die Schreinerinnen und Schreiner seit dem 1. Januar 2021 ohne gültigen Gesamtarbeitsvertrag da. VSSM-Zentralpräsident Thomas Iten zeigt sich in einer ersten Reaktion enttäuscht über den Entscheid der Gewerkschaften, denn «bei diesem Entscheid gibt es leider nur Verlierer – besonders die Mitarbeitenden unserer Betriebe.» Thomas Iten verweist dabei auf folgende verheerenden Konsequenzen: Mit dem Wegfall der paritätisch unterstützten Weiterbildungsfinanzierung gehen wertvolle Gelder für die Entwicklung der Schreinerinnen und Schreiner und somit unserer ganzen Branche verloren.» Zudem öffne der vertraglose Zustand Türen und Tore für die ausländischen Unternehmer, welche nun ohne Rücksicht auf Mindestlöhne und Arbeitsbedingungen im Schweizer Markt tätig sein können. Weitere Stimmen zu den aktuellen Entwicklungen rund um den Gesamtarbeitsvertrag sind hier zu finden.
Der VSSM empfiehlt seinen Mitgliedsbetrieben und allen Schreinereien trotz vertragslosem Zustand die guten und bewährten Arbeitsbedingungen gemäss Übergangs-GAV 2018 - 2020 beizubehalten und stellt sich auf einen längere Zeit ohne GAV ein. In einem Schreiben an die Mitgliedsfirmen zeigt der VSSM die wichtigsten Konsequenzen dieses vertragslosen Zustands auf. Ebenso beliefert der Branchenverband seine Schreinereien mit einem Flyer, in dem auch den Arbeitnehmenden die Auswirkungen bekannt gemacht werden.
Alle bereits erschienenen Artikel zu den Vertragsverhandlungen rund um GAV und VRM sind in diesem Dossier der Schreinerzeitung zu finden.
Weitere Medienberichte zum Thema sind unten aufgeführt:
24.12.2020_Solothurner_Zeitung
24.12.2020_Kommentar_Luzerner Zeitung